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Was die Pandemie mit mir macht

Monotypie 2face - was die Pandemie mit mir macht

Auf den ersten Blick garnichts.
An meinem Leben hat sich viel und nichts geändert und somit gehöre ich zu den Glücklichen, Privilegierten.
Es ist viel einfacher als bei Vielen – einfach ist es nicht.

Ich mache seit bald 14 Jahren großteils Homeoffice und somit ist das so garnichts Neues für mich.
Eigentlich wohne ich in Spanien, aber mein Partner mit seinen Kindern in Deutschland. Da schon vor der Pandemie Fliegen zusehens unakzeptabel wurde sind der Hund und ich mit dem Zug gefahren. Das ist nicht mehr möglich. Also blieb ich hier in Deutschland. Ich musste mich also für eines meiner zwei Leben entscheiden.
Das ist schön, denn ich hatte die Wahl und ich konnte mich für Gesellschaft statt Einsiedelei entschieden und ich bin dankbar.
Ich habe mich auch gegen eine normale Krankenversorgung entschieden, denn hier bin ich nur im Notfall versichert. Routineuntersuchungen fielen daher aus und als Risikopatient für Gebährmutterhalskrebs und Brustkrebs macht mich das nervös.

Am meisten allerdings fällt mir das Inneinanderfließen der Tage auf.
In einem “normalen” Jahr bin ich viel unterwegs. Besuche Freunde, gehe ins Büro, komme durch Paris bei der Zugfahrt, mache auch mal Urlaub irgendwo.
All diese Blöcke – Ereignisse, die die Zeit unterteilen – sind weggefallen und so ist eine Woche wie die Andere. Nur das Wetter und die Vegetation im Garten ändern sich. Achja und meine Uhr, die ich so alle 2-3 Monate aufladen muss, ist wieder leer.

Zu dieser Ruhe, diesem natürlichen Gang der Jahreszeiten kommt dieser Coronastress. Irgendwie hat man immer weniger Zeit als sonst. Bei der Arbeit ist die Hölle los und ich bin ausgelaugt, habe keine Zeit mich zu erholen, obwohl ich in diesem nahezu zeitlosen Floss das unser Häuschen ist gerade im winterlichen Nebel ruhig dahintreibe.
Innen ist der Stress, die Sorge, auch Furcht, die ihren Weg nicht findet, denn ein Virus ist zu klein und so schwer für uns zu greifen und als Bedrohung zu verstehen. Daher wird die berechtigte Furcht irgendwie zu einer nebulösen Angst. Und diese Angst ist dann ja garnicht mehr berechtigt und soll geheilt werden – im Kopf – mit YouTube Experten.
Nein! Ich komme zurück zur Furcht, aber ich füttere sie nicht. Einmal am Tag die Zahlen des RKI, einmal Tagesschau. Auf dem Laufenden bleiben, keine Panik machen, keine Abwieglerin werden. Dabei ist auch bei mir der Wunsch, dass alles wieder wie früher ist groß, aber nicht größer als die Einsicht, dass Verleugnen es nur schlimmer macht.

Ich spüre die vielen Kräfte, Sorgen, Stress, Druck, Furcht, Angst und ich meditiere und ruhe und gehe und machmal mache ich auch was, das an Sport erinnert. All das, um über Wasser zu bleiben. All das zu den normalen Sachen dazu und damit noch mehr Stress – Stress, um die Folgen des Stress im Schach zu halten.
Und alle Tage sind eins.
Der Ablauf ist streng, die Körperpflege wird ernst genommen. Jogginghose nur mal am Sonntag.
Jetzt werden die Tage wieder länger. Das ist gut. Wenn der Arbeitstag im Dunkeln beginnt und im Dunkeln endet, hab ich das Gefühl meine Seele verkauft zu haben.

Disziplin ist wichtig. Disziplin bei der Arbeit, bei der Hygiene, im Garten, im Haus und im Kopf.
Vorallem Disziplin im Kopf!
Ich lese viel Science Fiction, träume von einer besseren Welt, grüble über unsere Probleme und Lösungen und es ist schwer es auseinanderzuhalten. Bei Magret Atwood erschrickt mich der Mund-Nasen-Schutz. Es ist so nah dran. Einerseits war es völlig klar und andererseits so wunderbar verdrängt.
Etwas wissen und etwas wissen und entsprechend handeln sind so grundlegend unterchiedliche Dinge.
Das sehen wir an der Pandemie, lernen wir daraus aber höchst wahrscheinlich nicht.
Noch lässt sich der Klimawandeln, dort wo das Geld wohnt, einfacher verdrängen als bekämpfen.
Reisen, Unterwegs sein, Andere Leute, Situation, Menschen, Leben, Realitäten treffen und darin eintauchen ist so eine wunderbare Art auch den eigenen Kopf wieder zurecht zu rücken, zu merken was wahr und wichtig ist.
Im Spiegelkabinett der eigenen Gedanken und Empörungen wird die Welt schnell verzerrt dargestellt.
Und so kann ich nicht arbeiten. 😉





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